Veröffentlicht im Echinger Forum 06/2024 (überarbeitete und mit Fotos ergänzte Fassung)
Zwei Wochen vor der Europawahl sind sie noch aufgetaucht, die Einweg-Werbetafeln der AfD. Eines davon Kante an Kante über einem Plakat unserer Partei. Darauf der Spruch "Strom muss bezahlbar sein". Ein Kommentar zum ÖDP-Programm? Ging es um's Auftrumpfen? Wie diese Mitbewerber Strom erzeugen wollen, ist allerdings klar: Mit Uran aus Putins Sphäre und Kohle von irgendwo. Was das dafür ausgegebene Geld anrichtet, ist so egal wie die von den Anlagen und dem Müll ausgehende Gefahr oder die die Klimaschädlichkeit des Kohlendioxids.
Gegen gewolltes Unwissen, sprich Ignoranz, hilft kein Kraut. Es bleibt, auf sie hinzuweisen. Vermeintliches Profil wird dann als Blöße erkennbar. Schließlich lässt sich nicht wegreden, wie sich Extremwetterlagen häufen: Von Stürmen entwurzelte Bäume entlang unserer Straßen im letzten Winter, über durch Hagel zerschlagene Dachziegel am Kloster Benediktbeuren im letzten Sommer bis zu den jüngst von der Amper überschwemmten Anwesen im Norden Moosburgs.
Wie beantworten die neuen Nationalen die Frage, auf wessen Rechnung der Schutz vor Wetterextremen gehen soll? Sieht man von jenen ab, die sich darauf kaprizieren, dass sich das Klima 'immer schon geändert habe', müssten sie jedem Landwirt, der künftig zum Schutz von flussnahen Städten und Dörfern immer wieder die Flutung seiner Felder hinnehmen soll, eine Entschädigung zubilligen. Nach nationaler Kalkulation bekäme er pro 1000 Euro Schaden durch Ernteausfall 35 Euro erstattet. Diese wären bei deutschen Energieverbrauchern, also bei heizenden Behausten, bei fahrenden Spediteuren, jettenden Urlaubern und bei der Strom oder Gas beziehenden Wirtschaft einzusammeln. Wegen der übrigen 965 Euro aber möge sich der betroffene Landwirt an die Weltgemeinschaft wenden. Schließlich werden die nationalen Kreise nicht müde festzustellen: Nur dreieinhalb Prozent des Ausstosses an Treibhausgasen sind deutsch, der Rest hingegen ausländisch.
Etwas mehr Substanz hat, was etablierte Politiker erwägen, um Geld für Unwetter- und Hochwasser-Geschädigte zu organisieren. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder möchte eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden einführen. Warum die Branche selbst diese nicht will, ist ihm bekannt: Die Schadens-Summen wären enorm.
Dabei dürfte es keinen großen Unterschied machen, ob eine solche Versicherung eingeführt wird oder nicht. Pflichtversicherung heißt auch Versicherungspflicht, so dass jeder, der ein Dach über dem Kopf hat, in den Topf zur Regulierung von Schäden einzuzahlen hätte [1]. Es entstünde eine weitere, dem Rundfunkbeitrag ähnliche "Zwangsabgabe", über die eine AfD sich grundsätzlich erregt und bezüglich der Unionspolitiker ihre Muskeln spielen lassen; selbst wenn es nur um einige Cent mehr pro Monat geht.
Ohne Versicherungspflicht bleibt dem Staat die Rolle des Helfers. Dass er die Mittel dafür beim gleichen Kreis beschafft, halt eben in Form von Steuern und Abgaben, liegt auf der Hand.
Sowohl an der angeordnet-privatwirtschaftlichen wie an der staatlichen Variante missfällt mir - da stimme ich mit Versicherungswirtschaft und FDP überein - dass sie an den Symptome laboriert. Gescheiter wäre es, Fehler im Umgang mit der Landschaft zu korrigieren und ansonsten mit der Energiewende fortzufahren.
Markus Hiereth