Markus Hiereth
Gemeinderat, ÖDP

Günzenhausen, den 28.09.2025

An die Gemeinde Eching
Herrn Bürgermeister Sebastian Thaler
Bürgerplatz 1
85386 Eching

Fragen zur "Eching-App" und mit ihr verknüpften Diensten

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Thaler,

Sie waren treibende Kraft bei der Beschaffung eines Pakets von Kommunikations-Diensten der Firma Cosmema und griffen dabei auf einen Geldbetrag zurück, die für eine Bürgerbeteiligungssoftware vorgesehenen war. Geliefert wurde eine "Eching-App" mit Funktionen im Bereich Bürgerbeteiligung, Schadensmeldung, Textsuche sowie eine KI-gestützte Auskunft. Ich bitte folgende Fragen hinsichtlich

schriftlich zu beantworten.

1. Zur Eching-App

In jeder der drei Gemeinderats-Sitzungen diesen Jahres zum Thema "Bürgerbeteiligungssoftware" wurde gefordert, dass alle Funktionen, die beim Angebot der Firma Cosmema in einer Smartphone-App implementiert sind, auch Nutzern von Computern zur Verfügung stehen. In welcher Weise diese Forderung aufgenommen worden sollte, erwähnte in der letzten dieser Sitzungen IT-Referent Axel Reiß knapp. Ich hatte es mir damals bereits im Austausch mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit erschlossen: Demnach sollen diese Funktionen über die von der Firma Cosmema betriebene Site https://www.heimat-info.de zur Verfügung stehen

In Ihrem Beitrag über den Bürgerhaushalt 2025 (Echinger Echo, 18.09.2025) schrieben Sie, Herr Bürgermeister, nun, Personen ohne Eching-App könnten ihre Vorschläge auch persönlich im Rathaus vorbringen. Demzufolge war Ihnen der Zugang zum Bürgerhaushalt über die Internetadresse https://www.heimat-info.de/gemeinden/eching entweder nicht bekannt, nicht wichtig oder es gab Gründe, ihn nicht zu erwähnen.

Frage 1-1: Warum wird in keiner Bekanntmachtung der Gemeinde auf www.heimat-info.de hingewiesen? Diese Domain übernimmt einerseits Inhalte von der Gemeindehomepage www.eching.de. Andererseits dient sie dazu, die Funktionen Bürgerbeteiligung, Mängelmeldung, Bürgerhaushalt Nutzerinnen und Nutzern eines Computers zur Verfügung zu stellen.

Frage 1-2: Welche Stelle entscheidet über die zur Nutzung der bei Cosmema bestellten Dienste nötigen Hard- und Software? Hierzu gehört, ab wann Geräte des Nutzers nicht mehr "unterstützt" werden, mit welchen Betriebssystemen und mit welchen Betriebssystem-Versionen eine "Eching-App" arbeitet. Theoretisch obliegen solche Entscheidungen a) Store-Betreibern wie Google [1], b) Entwicklern und Anbietern von Software (hier Cosmema) oder c) dem Besteller von Software, also der Gemeinde Eching, die dafür zum einen Steuergeld verwendet und zum anderen damit indirekt vorgibt, welche Geräte Bürger sich anschaffen und wann intakte Geräte nurmehr eingeschränkt verwendbar sind und ersetzt werden.

2. Zur Produkt-Kombination Eching-App/heimat-info.de

Das Erheben verlässlicher Daten für Meinungsbilder war für die ÖDP bei der den Bürgern gegenüber versprochenen Bürgerbeteiligungssoftware zentral. Dies gilt auch für den "Bürgerhaushalt". Ohne Authentifizierung der Absender sind erhaltene Daten teilweise oder völlig wertlos.

Authentifizierungsverfahren sollen ausschließen, dass Angaben nicht mit erfundenen Identitäten gemacht werden oder Namen, Anschriften und Mailadressen fremder Personen missbräuchlich benutzt werden. Relevant sind hier die Nutzungsbedingungen von Cosmema [2], wonach für "Endnutzer" bemerkenswerterweise keine Registrierung gefordert ist [3].

Frage 2-1: Wie erfolgt bei der Eching-App die Authentifizierung für die Funktionen "Bürgerbeteilgung", "Bürgerhaushalt" und "Schadensmelder"?

Frage 2-2: Wie erfolgt bei der Domain www.heimat-info.de die Authentifizierung für diese drei Funktionen? [3]

Frage 2-3: Welche Stelle prüft, wenn beispielsweise im Rahmen einer Bürgerbeteiligung ein Meinungsbild entstehen soll, ob es sich bei einem "Endnutzer" um einen Echinger beziehungsweise eine Echingerin handelt und er/sie nicht mehrfach Stimmen abgibt?

3. Zur KI-gestützten Auskunft ("Virtueller Mitarbeiter")

Bei der Vorstellung des von der Gemeinde bestellten KI-Auskunft wurde erklärt, diese liefere "rechtssichere" Auskünfte. Bei der Auswahl von Angeboten für die Bürgerbeteiligungssoftware waren Anbieter ausgeschlossen worde, die zu Ihrem Produkt erklärten, es werde im Betrieb und in Kooperation mit dem Besteller, also der Gemeinde, weiterentwickelt. Unter dem Feld zur Eingabe des Fragetextes für die KI-Auskunft wird nun allerdings darauf hingewiesen, dass die Beantwortung unverbindlich und ohne Gewähr erfolge [4].

Frage 3-1: Wie kommentieren Sie, Herr Bürgermeister Thaler oder die in die Kaufentscheidung einbezogenen Personen diese Differenz? Hätte die Darstellung des Anbieters, es werden "rechtssichere" Auskünfte gegeben, noch in der Ratssitzung berichtigt werden müssen oder entsprach die Gutgläubigkeit des Gremiums dem Ziel der Produktpräsentation, wonach der Gemeinderat eine bereits gefällte Entscheidung gutheißen möge?

Frage 3-2: Inwieweit erwarten der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung effizientere Abläufe angesichts des Umstands, dass die KI-Auskunft / der "virtuelle Mitarbeiter" auch falsche Auskünfte gibt, indem er zum Beispiel einen Pachtvertrag als "rechtliche Sicherung" bewertet [3] ?

Frage 3-3: Wie bewertet es die Gemeindeverwaltung, dass sich die Antworten des "virtuelle Mitarbeiters" und von ChatGPT passagenweise decken [4]?

Dass für KI-Dienste gegenüber Suchmaschinen-Dienste gravierend höheren Mengen Energie verbraucht wird, ist unstrittig. In einem aktuellen Radiobeitrag [5] wurde die Größe der in den USA geplanten Rechenzentren nicht mehr mit Rechenoperationen pro Zeit angegeben, sondern mit Zahl und Art von Kraftwerken, die den verbrauchten Strom bereitstellen sollen. Es ist plausibel, dass auch ein "üblich" werdender, das heißt, nicht überlegter Rückgriff auf KI-Dienste das tatsächliche Erreichen gesteckter Klimaschutzziele - vom Pariser Abkommen der Staatengemeinschaft bis hin zum Entwicklungsprogramm unserer Gemeinde - unwahrscheinlich macht.

Frage 3-4: Ging der Entscheidung über Suchwerkzeuge eine Abwägung hinsichtlich Nutzen / Mehrwert einerseits und dem Energieverbrauch andererseits voraus?

4. Zum Schadensmelder

Beim Schadensmelder in der Eching-App bzw. der Site www.heimat-info.de [5] handelt es sich offenbar nur um ein Kontaktformular, das eine E-Mail erzeugt.

Frage 4-1: Ergeben sich durch die Nutzung dieser Funktion gegenüber der Einrichtung einer einfachen Mailadresse wie etwa schaden@eching.de irgendwelche Vorteile für Verwaltung und Bürger?

Frage 4-2: Warum fehlen bei diesem Vorkehrungen gegen Spam und führt dies schon dazu, eingehende Mitteilungen im Rathaus vorsortiert werden müssen?

Frage 4-3: Ist die Schadensmeldung mit einem Ticket-System verknüpft?

Frage 4-4: Wird mit diesem Schadensmelder unnötige Kommunikation vermieden? Etwa, indem schon gemeldete Mängel für Bürgerinnen und Bürger einsehbar sind und den Meldenden der jeweilige Bearbeitungsstand automatisiert übermittelt wird?

Frage 4-5: Wieviele Schäden sind seit Verfügbarkeit der Cosmema-Dienstes bei der Gemeindeverwaltung eingegangen?

Frage 4-6: In wievielen Fällen der Nutzung des Schadensmelders erfolgte eine Eingangsbeststätigung?

Frage 4-7: In wievielen Fällen war eine Schadensmeldung sinnvollerweise nicht weiter zu bearbeiten; zum Beispiel weil Kontaktangaben fragwürdig oder eine Mailadresse nicht richtig war?

Frage 4-8: Bei wieviele gemeldeten Schäden kam es bisher zu einer inhaltlichen Bearbeitung?

Frage 4-9: Wieviele der so gemeldete Schäden sind bis dato behoben?

Anmerkungen und Verweise

1

Nutzungsbedingungen des Google-App-Stores ("Google Play")

Sie können Google Play verwenden, um Inhalte für Ihr Mobilgerät, Ihren Computer, Ihren Fernseher, Ihre Smartwatch oder ein anderes unterstütztes Gerät ("Gerät") zu suchen, anzusehen, zu streamen oder herunterzuladen. Zur Nutzung von Google Play benötigen Sie ein Gerät, das bestimmte System- und Kompatibilitätsanforderungen erfüllt. Für Inhalte, die bei oder über Google Play verfügbar sind, gelten möglicherweise zusätzliche Systemanforderungen. https://play.google.com/intl/de_de/about/play-terms/index.html
2

Nutzungsbedingungen für die Leistungen des Vertragspartners cosmema (Eching-App und die Site heimat-info.de)

2. Vertragsgegenstand
2.1. Allgemeines und Funktionen
[...] Eine Registrierung ist nur für Vereine, Institutionen, Organisationen, Einrichtungen, Unternehmen u.s.w., im Folgenden genannt "Nutzer", vorgesehen. Für Endnutzer von Heimat-Info sind sowohl die Registrierung als auch das Erstellen eines Profils nicht notwendig.
https://www.heimat-info.de/nutzungsbedingungen
3
Nachtrag vom 02.10.2025: Beim Bürgerhaushalt 2025 zeigt sich, dass die Stimmabgabe nicht bei Cosmema erfolgt, sondern über ein Formular eines Dritten, nämlich des US-amerikanischen Unternehmens jotform.com. Damit
  • liegt nahe, dass die Eingaben an einen Server dort gehen. Hierzu gehören im Falle des Bürgerhaushaltes neben den Punkten für die einzelnen Vorschläge die Namen, Anschriften und die Geburtsdaten aller Abstimmenden.
  • wäre zu prüfen, welche Bestimmungen für den Umgang mit den Daten gelten. Prinzipiell müssten die geltenden Datenschutzbestimmungen den Abstimmungsteilnehmern zugänglich sein bzw. er müsste diese akzeptieren oder ablehnen können.

So wie sich die Authentifizierung dem Nutzer gegenüber aktuell (Stand 01.10.2025) darstellt, ist es möglich, mit der Identität eines anderen Echingers abzustimmen, wenn einem dessen Adresse und Geburtsdatum bekannt ist. Damit ist nicht nur eine die Brauchbarkeit des Systems einschränkende Lücke in der Authentifierung gegeben. Darüber wird die Gemeindeverwaltung bei jeder einzelnen mit dem Ziel Bürgerbeteiligung verbundenen Nutzung des Cosmema-Dienstes massiv mit Arbeit belastet, weil die Angaben von Hunderten bis Tausenden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit den Meldedaten abgeglichen werden müssen.

4
Falsche KI-Auskünfte
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Erläuterung zu Auskünften unter dem Texteingabefeld
Screenshot aus heimat-info.de vom September 2025
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Falsche Antwort der KI zur Anerkennung angepachteter Stellplätze
Screenshot aus heimat-info.de vom September 2025
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Anforderung einer Auskunft zur Anerkennung angepachteter Stellplätze
Screenshot vom März 2025
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Falsche Antwort der Cosmema-KI
auf dettelbach.de
Screenshot vom März 2025
Im März vom Cosmema-Suchassistenen ausgegebene Antwort auf die Frage, ob angepachtete Stellplätze im Stellplatznachweis geltend gemacht werden können. Darauf, dass der Assistent nicht nur eine nicht rechtssichere, sondern eine falsche Antwort gab, wurde der Gemeindrat per Mail am 20. März hingewiesen. Am 25.09.2025 wurde dem Cosmema-Suchassistenten erneut dieselbe Frage gestellt. Die Antwort war nicht besser. Tatsächlich erkennt die Gemeinde bei einem Bauvorhaben einen Pachtvertrag über Stellplätze nicht als rechtliche Sicherung an.
5
Vergleich der Erklärungen von ChatGPG und Cosmema-KI
Screenshot KI-Auskunft von heimat-info,de
Cosmema-KI über "Tekturantrag"
Screenshot vom September 2025
Screenshot ChatGPT
ChatGPT über "Tekturantrag"
Screenshot vom März 2025
Die Frage "Was ist ein Tekturantrag?" wurde ebenfalls gestellt. Bei dem ersten Versuch im März auf dettelbach.de kam keine Antwort, vielleicht war der Server außer Betrieb. ChatGPT lieferte damals eine zufriedenstellende Antwort. heimat-info.de antwortete im September ähnlich.
6
Schadensmelder
Screenshot Schadensmeldung
Eingabe einer Schadensmeldung
Screenshot vom 25.09.2025
Screenshot Annahme der Schadensmeldung
Eingangsbestätigung Schadensmeldung
Screenshot vom 25.09.2025
Nachtrag vom 27.09.2025: An diesem Tag war der Springbrunnen nachmittags in Betrieb. Seitens der Gemeindeverwaltung steht eine Bestätigung des Eingangs der Schadensmeldung oder eine Mitteilung zu irgendwelchen technischen Problemen aus.
Nachtrag vom 04.10.2025: Nach wie vor stehen eine Bestätigung des Eingangs der Meldung oder irgendeine Mitteilungen der Gemeindeverwaltung zur Sache aus. Eine Frage beim Obst- und Gemüsehändler des Wochenmarktes ergab, dass eine Schaltuhr den Springbrunnen samstags eine halbe Stunde nach Ende des Wochenmarkt startet. Zur Marktzeit ist er aus, weil das Geräusch die Verkaufsgespräche stören könnte.
Nachtrag vom 07.10.2025: Der gemeindliche Bauhof teilte per Mail mit, dass diese Schadensmeldung leider länger als üblich im Posteingang auf die Bearbeitung warten musste und dass hinter dem Stillstand des Brunnen kein Defekt stehe. Spam, mit dem wegen des einfachen Aufbaus des Schadesnmelder-Formulars zu rechnen ist, wird offenbar durch Kräfte des Dienstleisters Cosmema aussortiert.
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