Ökologisch-Demokratische Partei
Ortsverband Neufahrn-Eching

Ausführliche und illustrierte Fassung des Beitrags
im Echinger Forum, Ausgabe 10/2024

Stand der Bemühungen um einen barrierefreien Bahn-Halt [1]

Ende letzten Jahres hatte der Bauausschuss Maßnahmen zum barrierefreien Umbau des S-Bahnhaltes erörtert [2]. Grundlage war eine Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros ISP Scholz, die drei Maßnahmen für insgesamt 1,5 Millionen beinhaltete. Bei auffälligen Unzulänglichkeiten haben die Planer daraufhin nachgebessert und, wie vom Bauauschuss beschlossen, wurde die Gemeinde mit den Umbauplänen bei der zuständigen DB-Tochter, der DB InfraGo vorstellig. Ich konnte an diesem Treffen teilnehmen und möchte hier nachzeichnen, was die andere Seite zur Studie vorbrachte und damit meinen Eindruck untermauern, dass seitens der DB kein echtes Interesse an Verbesserungen besteht. Im Gegenteil wirkte es, als verfolge man mit dem Anschneiden denkbarer Probleme den Zweck, die mitgebrachte Studie in Frage zu stellen.

1. Nachrüstung der alten Personenunterführung mit Aufzügen

Schnittzeichungen aus der Machbarkeitsstudie
Einbaumöglichkeit und Anschlüsse suedseitiger Aufzug Einbaumöglichkeit und Anschlüsse nordseitiger Aufzug
südseitiger Aufzug
anstelle der südwestlichen Treppe
nordseitiger Aufzug
direkt an Unterführungswand angeschlossen

Seitens der DB gab es dazu zwei verwunderliche Hinweisen: Die Türanordnung sollte es Rollstuhlfahrern erlauben, vorwärts in den Aufzug zu fahren und ihn vorwärts zu verlassen. Bei Aufzügen mit drei Halte-Ebenen klappt das bei mindestens einer Ebene nicht. Des weiteren müsste anhand von Benutzer-Zählungen ermittelt werden, ob die Treppe auf der Südwestseite zugunsten eines Aufzugsschachtes wegfallen kann. Es gelte, in Notfällen die "Entfluchtung" der Unterführung sicherzustellen. Dass nach Wegfallen einer Treppe immer noch beidseitig je eine Treppe von der Breite der Unterführung bliebe, lässt über so einen Hinweis jedenfalls staunen.

Ohne Zweifel beachtet werden muss, dass die Unterführung weiterhin gegenüber dem Grundwasssr dicht sein muss; und zwar auch nachdem beispielsweise für den nördlichen Aufzug eine Öffnung von Türgröße in die Betonwand geschnitten wurde. Insofern sind entlang der entstehenden "Nähte" Vorkehrungen gegen den Eintritt von Grundwasser zu treffen.

Bezüglich dieses Problems verwiesen wir auf den Umbau in Unterschleißheim. Mit einiger Verzögerung räumte die DB InfraGO ein, dass sie es dort durchaus geschafft hat, die neuen Rampen und Aufgänge an die alte Personenunterführung anzuchließen. Insofern gibt es in der Unterschleißheimer Unterführung zwei quer über die gesamte Decke, beide Wände und den Boden verlaufende Nähte. Offenkundig ist es gelungen, diese grundwasserdicht auszuführen.

Unterschleißheimer Unterführung mit Naht zwischen altem und neuem Gebäudeteil

2. Neue Radler- und Fußgängerunterführung am einstigen Bahnübergang

Entwurf für eine neue Unterführung. Mit Rampen und Treppen würde für Fußgänger und Radfahrer eine Verbindung zwischen Bahnhofsstraße und Günzenhausener Straße geschaffen.

Zu ihr wurde vermerkt, dass dieses Bauwerk nicht mit den Bahnsteigen verbunden sei. Deswegen sei es nicht Teil eines barrierefreien Umbaus. Vielmehr ersetze diese Unterführung den nicht mehr vorhandenen Bahnübergang und sei deswegen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz zu behandeln.

3. Bahnsteighöhenanpassung

Um ohne Hilfe des Fahrers in die S-Bahnen einzusteigen, müsste der Bahnsteig rund 25 Zentimeter höher sein. Das Ingenieurbüro ISP Scholz ging davon aus, dass die Einfassungen des bestehenden Bahnsteigs eine Aufstockung zulassen. Die DB InfraGo meldete dazu als Vorbehalt an, dass zuver geklärt werden müsse, ob die alten Bahnsteige diese Last trügen. Auch entstünde dann nicht der Sicherheitsraum zwischen Gleis und Bahnsteigkante, der vorgeschrieben sei, wenn die beiden Gleise weniger als 4,5 Meter auseinander liegen. Auf Nachfrage, wie groß der Gleisabstand konkret in Eching sei, beschied die DB InfraGo, er würde ermittelt, sobald ein Planungsprojekt angestoßen sei.

Bahnsteig von Riem
Spezifikation der Platten zur Bahnsteigerhöhung

Nach dem Treffen wurde mir bekannt, dass beim barrierefreien Umbau des Bahnhofs Riem die passende Bahnsteighöhe durch Aufstocken hergestellt wurde. Auf wiederholte Anfrage und nach Vorlage eines Fotos bestätigte die DB dieses Vorgehen. Fragen, welcher Seite es angestoßen hatte, diese Möglichkeit zu untersuchen und welche Einsparungen durch die Aufstockung erzielt wurden, ließ die DB offen.

Anhebung des Bahnsteigs nur im Kopfbereich

Der Vorschlag, (in Anlehnung an die bei der Münchner U-Bahn anzutreffende Lösung) den Bahnsteig nur im Bereich der vordersten Zugtüre anzuheben, sei wegen bestehender Bauvorschriften indiskutabel. Laut Eisenbahn-Bundesamt (EBA) gibt es durchaus Bahnsteige mit zwei Höhen, sogenannte Kombibahnsteige. Die Internetpräsenz des EBA listet eine Vorschrift zu Bahnsteigen auf, erhältlich ist sie dort aber nicht, weil die DB sie selbst erstelle. Sie zu sichten, war nicht möglich. Ein Bestellservice der DB liefert die Vorschrift gegen 406,11 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer zur Einzelplatznutzung an Planungsbüros aus.

Kostenschätzung

Die Machbarkeitsstudie bezifferte die Kosten für die drei Maßnahmen mit 1,5 Millionen Euro. Die DB InfraGo erwartet das Zehnfache. Wer den Unterschleißheimer Halt ansieht oder an dunkle Kanäle zur Betonindustrie glauben mag, könnte in aktuellen Projekten der Bahn Absatzsicherung für diese Branche sehen. Überlegenswerter ist eher eine Betrachtung, mit wem wir es bei der DB InfraGo zu tun haben. Diese Bahn-Tochtergesellschaft geht letztlich auf die schwarz-gelbe Bahnreform unter Helmut Kohl zurück. Sie hat fast die gesamte deutsche Schieneninfrastruktur unter sich, stellt Eisenbahnunternehmen die Nutzung von Strecken und Bahnhöfen in Rechnung und sie wirtschaftet mit ihrem Immobilienbestand. Sie ist wie die Deutschen Bahn AG privatrechtlich aufgstellt und bezeichnet sich zugleich als "gemeinwohlorientiert".

Ich vermute, die DB InfraGo schultert bei Neubauten, Umbauten und Sanierungen allenfalls ein Fünftel der Kosten selbst [3]. Entsprechend stammen vier Fünftel aus öffentlichen Haushalten. Dieses Geld könnte als Zustiftungen zum Vermögen der DB gesehen werden. Umso anstößiger wirkt es, wenn sie Planungen in einer Weise lenkt, als seien die Kosten nebensächlich.

Den Abschluss des Gesprächs bildete ein Hinweis, dass für eine weitere Planung ein von der DB präqualifizierten Ingenieurbüros heranzuziehen sei. Bürgermeister Thaler wurde darin bestärkt, sich erneut bei der Bezirksregierung oder beim Freistaat Bayern um Förderung zu bemühen [4][5].

Markus Hiereth

Anmerkungen und Verweise

1

Eine nach Redaktionsschluss für diesen Beitrag wurde bekannt, dass der S-Bahnhalt Eching in einem Programm der bayerischen Staatsregierung für barrierefreie Bahnhöfe berücksichtigt wird. Siehe Artikel Barrierefreiheit in vier Jahren plus x vom 18.09.2024 in www.echinger-zeitung.de

2
3

Zwischenzeitlich ergaben Nachfragen folgende Lastenverteilung: Kosten für Ersatz oder Sanierung von Bahnhofsanlagen trägt die DB InfraGO. Bauten, durch die Barrierefreiheit erreicht wird, bezahlt die öffentliche Hand. Bei miteinander verbundenen Bauwerksteilen ist die Anwendung dieses Grundsatzes natürlich der Auslegung unterworfen

4

Am 10.09.2024 wurde der Bauauschuss über die Antwort von Verkehrsminister Christian Bernreiter auf die Anfrage in Kenntis gesetzt. Es hieß darin vielen Dank für lhr Schreiben vom 24. Juli 2024 zum barrierefreien Ausbau des S-Bahnhofs Eching und lhr Bemühen, das Thema voranzubringen, indem Sie mit kommunalen Mitteln elne Machbarkeitsstudie beauftragt haben. lch bedauere, dass die DB die vorgelegten Planungen bisher nicht befürwortet. Abschließend bittet der Minister um Geduld bis zum Herbst und erklärt Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr erarbeitet derzeit ein Konzept zur Umsetzung dieses "Bayerischen Aktionsprogramms für barrierefreie Stationen". Dabei wird intensiv geprüft, welche bayerischen Bahnhöfe in das Aktionsprogramm aufgenommen werden können.

5

In seiner Stizung vom 24.09.2024 fasste der Gemeinderat auf Grundlage der Förderzusage der Statsregierung vom 16.09.2024 den Beschluss, sich an den Kosten der Planungsstufen 1 bis 4 mit 20% zu beteiligen. Bei den von der DB InfraGo geschätzten Kosten von rund 18 Millionen Euro sind dies knapp 300000 Euro. Vertragspartner bei dem Projekt sind die DB InfraGo und der Freistaat Bayern.

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